Abfahrt von Wien

Poststempel Wien, 24.2.1955
Donnerstag

Liebe Mimi,
in Wien hat es heute nachts 30 cm Schnee gemacht. Ich sah diese Stadt noch nie mit so viel Schnee. Die Fahrt war schön durchs Brixental (St. Johann usw.), dann Matsch u. in Ober + N. Österr. Schneesturm wie in Polen od. Russland. Um 9h abends waren wir fahrplanmäßig hier. 3° im Atelier. Es sieht ganz gut aus. Hanserl ist schon groß.

Liebe Grüße + B. allen
D. Helmut

Sonst noch nix Neues.

Poststempel Wien, 25.2.1955
In aller Eile.
Freitag

Liebe Mimi,
gestern war das Packerl schon da. Vielen Dank. Auch für den lb. Brief. – Gestern war ich mit Oskar beisammen. Er filmt mit Balser einen Spionagefilm und ist guter Dinge, weil er wieder arbeitet. – Leinwand haben wir aufgetrieben. – Die „offizielle“ Abreise ist morgen abds., wir fahren aber erst Montag früh in Wien ab.
Leider hab ich jetzt grad die Pressekonferenz vor mir. Denke viel an Dich u h D s s l

D. Helmut

Grüße an alle und Bussl f. d. Kinder

Poststempel Wien, 27.2.1955
Sonntag

Liebste Mimi,
Du weißt, wir sitzen noch immer hier, aber morgen früh solls losgehen. In den Wr. Zeitungen, die alle über dieses Vorhaben schrieben, war die Abreise für gestern abends angesetzt. Heute scheint das 1.x seit ich hier bin die Sonne, u. die Temperatur im Atelier stieg auf 13°! Bisher 3°. Es schlief sich aber trotzdem gut. Ich bin schon sehr froh, wenns endlich losgeht, glaube aber, daß es wenig angenehm gewesen wäre, in den letzten Tagen bei diesen Schneestürmen loszubrausen.
Mit Oskar + Ann u. einer Filmblase war ich einmal abends beim Heurigen u. kam dadurch unverhoffter Weise zu einem Hendel-Abschiedsessen. Ausgiebig. Gestern Abend war ich mit Maxi + Ilse im Theater in d. Josefstadt. („Ein Sommertag“ oder so ähnlich.) Schauerlich! Maxis Bekannte sind außerordentlich sympathisch. Seine Familienangehörigen seltsam. Oskar spielt mit E. Balser im Film „Spionage“. Der Film behandelt den Verrat des Generalstabchefs Redl vor d. I. Weltkrieg. Redl war ein Schwuler u. Oskar spielt seinen Liebling!! Endlich hat er also Gelegenheit, sich von dieser Seite öffentlich zu zeigen. Er spielt ihn sehr gern. Er verdient dabei auch allerhand. Wenns so weitergeht, wird er in 2 Jahren ein reicher Mann sein.
„Alles für die Truppe“!
Der Brief wird ein ziemliches Durcheinander werden, aber das bist Du ja schon von mir gewohnt.
Dir. Bauer, der Chef des Flaga Propangases, hat uns 2.000,- S gegeben u. die ganze Apparatur seines Piccolo-Brenners. Eine herrliche Einrichtung. Damit können wir auch den Wagen hinten heizen.* Während d. Schlafens, denn in Jugoslawien wird’s noch ziemlich kalt sein. Hier in Wien hab ich gefroren, wie im ganzen Winter noch nie. – Übrigens dachte ich leider nicht daran, Dir die Postkarten p. Adresse Stimmersee zu schicken. Hast Du Dich dort nicht gehetzt? Ausgeruht?
Kommst Du Dir sehr verlassen vor? Ich denke sehr viel daran u. an Dich u. die Kinder.
Und nun mach ich mich auf zu Elisabeth, zum Essen.
Liebste, erhol Dich gut, tu nicht so viel u. sei ganz ohne Sorge!
I H D S S L

D. Helmut

Busserl d. Kindern.
*10% kriegen wir außerdem, wenn wir seine Apparate in Arabien wiederverkaufen. Bauer war außerordentlich entgegenkommend. 600,-S von Steiner (Aschenbecher) schick ich Dir morgen.